Der Bau der Schlemminer Kirche begann im 13. Jh mit Backstein. Erst im 15. Jh. wurde mit Feldsteinen weitergebaut. Ihre komplette Innenausstattung, Gestühl, Kanzel, Altar und Holzkastendecke stammen von 1878. Schlemmin war Stammsitz der Familie von Thun, zuletzt der eingeheirateten Familien von Stolberg-Wernigerode und von Solms-Rödelheim. In der heutigen Form wurde die Kirche 1878 nach einer Grundinstandsetzung neu geweiht. Zu ihrer Baugeschichte: Sie soll als Backsteinbau um 1280 errichtet worden sein; sie wird als Steinbau in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts erwähnt; im 15. Jh. soll sie mit Feldsteinen weitergebaut worden sein und den Turm erhalten haben.
Dafür spricht, was man relativ leicht erkennt: Irgendwann ist das Schiff in seiner Länge verdoppelt worden. Der offenbar ältere Teil ist der östliche, der in Backstein gemauert ist.
Die "gotischen" Fenster sind Zutat der Erneuerung von 1878 und trotzdem schön.
Der charakteristische Giebel der Ostwand beseitzt ein Doppelkreuz (Lothringisches Kreuz). Wann und warum es hier angebracht wurde, ist unklar.
Unten erkennt man veränderte Fenster. Viele Kirchen der Umgebung sind von Osten nach Westen gebaut worden. Die Chorwand gehört gewöhnlich zu den ältesten Teilen der Kirchen
An der Nordseite gibt es eine angebaute Sakristei, die wie der südliche Anbau höchstwahrscheinlich von 1878 stammt.
Hier die Tür. Sie zeigt die sehr großen und dekorativen Scharnierbänder, wie sie in der Gegend üblich sind.
Innenausstattung
Der erste Blick vom westlich gelegenen Eingang zeigt eine reich und wie "aus einem Guß" dekorierte Kirche. Sie wirkt mit dem Eichengestühl, der Holzdecke, der Wandbemalung und den bunten Fenstern warm und einladend.
Die Ausstattung wäre für eine evangelische Dorfkirche viel zu aufwendig. Wir befinden uns aber hier in einer Schloßkirche!
Die Gestaltung ist der letzten "Erneuerung" von 1878 zu verdanken. Dabei gelang es, die historische Ausstattung auf harmonische Weise mit Neuem, wie der prächtigen Kassettendecke zu verbinden.
Bemerkenswert auch die Ausmalung, die von Carl Julius Milde konzipiert worden ist. Die soll neoromanisch sein. Der ungebildete Normalchrist fragt sich: Wo befindet sich das Vorbild, romanische Malerei?
Leider kommen die zwar beschädigten, aber doch sehr dekorativen Fenster der Ostwand nicht zur Geltung, weil man direkt dahinter eine heute unbenutzte und durchaus entbehrliche Friedhofskapelle errichtet hat.
Wie der Altar ist auch die Kanzel mit Schnitzereien reich geschmückt. Im Halbrelief sind vier natürlich(?) männliche Figuren dargestellt, man kann in ihnen vier Apostel vermuten (Johannes, Paulus, Thomas ?/ oder Petrus?, Jakobus d. Ältere).
Eine sehr formschöne, steinerne Taufe, ein richtiger, uriger Taufstein, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert. Die Bemalung ist sicher nicht so alt. Man kann vermuten, daß er im Zuge der Kirchenrenovierung 1878 bemalt worden ist.
Zur Atmosphäre tragen wesentlich die bunten Fenster bei, welche nicht etwa biblische Geschichten, sondern ausschließlich Wappen der Patrone und der angeheirateten Familien zeigen.
Im Bild eines der gut erhaltenen Fenster, versehen mit dem Datum des 14. Dezember 1892 (anläßlich der Heirat) und der Schriftleiste: "Leonhard Graf zu Stolberg Wernigerode u. Bertha Thekla Gräfin zu Solms Rödelheim"
Zu den wenigen Zeugnissen aus der Zeit vor der Kirchenreparatur zählen Grabplatten und ein Epitaph.
Hier eine Gestaltung mit den Reihen der anbetenden Familienmitglieder, die zeitweise in Mode gewesen sein muß, denn man sieht diese Art Epitaph öfter. Allerdings ist die Bemalung ungewöhnlich; man darf vermuten, daß wir sie der Renovierung von 1878 verdanken.
Schadet sie? Gewiß nicht, wie oft ist man Epitaphien dieser Art, die gewöhnlich schlohweiß sind, vorbeigelaufen, ohne überhaupt auf sie zu achten?
Das Epitaph von 1694 ist Claus von Thun, dem damaligen Kirchenpatronat, gewidmet.
Zur Orgel
Die Orgel wurde 1841 durch Carl August Buchholz gebaut, gestiftet vom Patron Wilhelm Ulrich von Thun.
Umbauten und Reparaturen haben wahrscheinlich 1878, beim Umbau der Kirche, 1917 und 1945 (Holzwurmbehandlung) stattgefunden. Über 50 Jahre lang war die Orgel nicht mehr spielbar. Ihr fehlten ca. 50 Pfeifen.
Da der innere Zustand der Orgel noch relativ gut war, hatte eine Instandsetzung Sinn. Immerhin handelt es sich um ein weitgehend unverfälschtes Buchholzsches Original.
Die Reparatur wurde geplant, genehmigt, von Spendern finanziert, 2002 begonnen und 2003 nach vielen Schwierigkeiten auch abgeschlossen.
Unsere "Hochzeitskirche"
Aufgrund der idyllischen Lage und der fußläufige Nähe zum Schlemminer Schloss (www.schloss-schlemmin.de) wird die kleine Dorfkirche gern für kirchliche Trauungen angefragt. Grundsätzlich ist das möglich.
Wenn Sie das jedoch überlegen, sollten einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- wenigstens einer von den beiden Trauleuten muss getauft und Mitglied einer christlichen Kirche sein
- die standesamtliche Trauung muss zuvor vollzogen worden sein
- Gern können Sie Organist oder Pastor mitbringen. Letzterer muss jedoch ordiniert sein oder die Priesterweihe erhalten haben. In jedem Fall wenden Sie sich bitte an den zuständigen Pastor Wehring (Telefon 038225-223 oder E-Mail: ahrenshagen@pek.de)
Hilfreich ist in Vorbereitung auf eine Trauung das Heft von Peter Clever: "Sei ein Licht auf unseren Wegen" für Paare, die ihre Trauung selbst ein wenig mit vorbereiten wollen und sich zuvor Gedanken über Trauspruch, Lieder und Ablauf machen wollen.
Kontakt und Führung sowie Absprachen für Trauungen:
Wolfram Stornowski:(Küster)
Telefon: 038225-51128
Eickhofer Straße 1, Schlemmin
oder bei Pastor Christhart Wehring
Telefon: 038225-223
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